Während unseres "Arrest & Control" Trainings an der Public Safety Academy gestern in Palm Desert erreichte uns die Nachricht, dass auf drei Palm Springs Police Officers geschossen worden war. Zwei davon, Officer Jose Vega (63 Jahre alt), der 35 Jahre lang beim PSD gedient hatte und im Dezember in Pension gehen wollte, sowie Officer Lesley Zerebny (27 Jahre alt), die erst kürzlich ihre Karriere begonnen hatte und Mutter einer 4 Monate alten Tochter war, wurden getötet. Ein dritter Officer überlebte verletzt.
Die Officers hatten auf einen Anruf wegen eines häuslichen Disputs geantwortet und wurden durch die geschlossene Haustür erschossen.
Erst am Mittwoch letzter Woche zuvor wurde Sgt. Steve Owen (53 Jahre alt), der 29 Jahre beim LA County Sheriff's Dpt. seinen Dienst versehen hatte und auf der auf einen Anruf wegen eines Haus-Einbruchs antwortete, in Lancaster von dem vermutlichen Einbrecher erschossen. Der Verdächtige stieg dann in den Streifenwagen von Sgt. Owens und versuchte damit zu flüchten. Auf der Flucht rammte er damit den Streifenwagen eines anderen Deputies und widersetzte sich der Verhaftung.
Beider Verdächtigen wurden von den Kollegen der Getöteten festgenommen. Beide Verdächtige sind am Leben und werden sich vor Gericht für ihre Taten zu verantworten haben. Die Polizisten sind jedoch tot. Sie werden nicht mehr zu ihren Familien heimkehren. Die kleine Tochter von Officer Zerebny wird ohne ihre Mama aufwachsen müssen.
Dies sind nur Exempel aus den letzten vier Tagen und aus meiner unmittelbaren Nachbarschaft. Aber solche Fälle passieren fast täglich und überall in den USA. Jeder einzelne Fall ist ein immenser Schicksalsschlag mit gewaltigen und unabsehbaren Folgen für die Familien. Davon berichten keine Medien und darüber gibt es keine Schlagzeilen. Aber wenn sich jemand, der zBsp. wegen einer Verkehrsübertretung angehalten wurde und dann Anordnungen von Polizisten nicht befolgt, ungerecht behandelt fühlt - dann gibt's gleich hunderttausende Hits auf YouTube und viel Aufregung. Wenn eine verdächtige Person eine Spielzeugwaffe, ein BB-Gun o.ä. auf Polizisten richtet und erschossen wird, dann heisst es nachher, dass der arme ja "unbewaffnet" war. Die Medien berichten ausgiebig und die öffentliche Aufregung ist gross. "Warum hat man ihn/sie nicht getasert?", "Warum hat man ihm/ihr nicht nur in's Bein geschossen?". Jeder wird zum Fachmann und jeder fühlt sich verpflichtet seine Expertise und seine Vorverurteilung abzugeben.
Und das ist ok, denn Meinungs- und Redefreiheit müssen gewahrt werden. Aber die Realität sieht nun einmal erwiesener Massen anders aus, als das was man sich in der Gemütlichkeit vor dem eigenen Computer so ausmalt. Und mit dieser ganz anderen Realität sind Polizei, Feuerwehr, Security, Sanitäter, etc., jeden Tag hautnah konfrontiert. Wer einen oder mehrere dieser Dienste zu Hilfe ruft, hat in der Regel einen Grund dafür und macht das nicht weil er/sie gerade einen guten Tag hat. Die "First Responder" sind dazu da, eine unliebsame Situation zu beenden und den Leuten und der Allgemeinheit zu helfen. Die Mittel und Wege dafür sind nicht immer exakt das, was sich die Hilfesuchenden vorstellen und da auch First Responder nur Menschen sind, können sie manchmal auch Fehler machen.
Vor rund zwei Wochen antworteten Beamte nahe San Diego auf den Anruf einer Frau, welche die Polizei wegen eines irritierten Mannes verständigte. Der Mann folgte den Anweisungen der Polizisten nicht und griff in seine Hosentasche. Er zog ein Objekt und richtete es auf einen der Polizisten. Der Mann wurde erschossen und später stellte sich das Objekt als ungefährlich heraus. Ja, er war unbewaffnet, aber er tat so als hätte er eine Schusswaffe und er richtete das Objekt (einen zylindrischen Vaporizer) so auf die Beamten, wie man es mit einer Schusswaffe tun würde, um damit zu schiessen. War der Mann "unbewaffnet"? Ja, denn er hatte nicht wirklich eine Waffe. Nein, denn er gab vor eine Waffe zu haben. Er kündigte an eine Schusswaffe zu haben und auch dass er diese gebrauchen würde. Nun ist er tot, die Beamten sehen einer gerichtlichen Verfolgung entgegen und müssen um Karriere und Job fürchten - aber sie leben.
Der Mann in Palm Springs kündigte an, dass er eine Schusswaffe hatte und sie gebrauchen würde. Lesley und Jose versuchten ihn dazu zu bewegen, ihren Abweisungen zu folgen. Lesley und Jose sind tot, aber der Verdächtige lebt. Er hat das verfassungsmässige Recht auf einen Anwalt, einen gerechten und zeitnahen Prozess, auf eine unparteiische Jury von 12 ausgesuchten Geschworenen, auf menschnenrechts-konforme Unterbringung, auf den Schutz seiner Gesundheit und seines Wohlergehens, auf ausreichendes Essen, auf Kleidung, usw. Und das ist gut so. Aber Lesley und Jose sind und bleiben tot. Ihre Familien haben keinen rechtlichen Anspruch auf Hilfe. Natürlich bekommen die Familien Hilfe, aber auf freiwilliger Basis. Doch auch das gibt Lesley's Tochter ihre Mama nicht zurück.
Daher ist das absolute und unumstösslíche Grundgesetz für jeden Polizisten und andere First Responders, dass die eigene Sicherheit und das eigene Überleben, das "Going Home Alive" absolute Priorität hat. Jeder der schon einmal geflogen ist weiss, dass die Anweisung des Bordpersonals am Beginn des Fluges immer beinhaltet, dass man sich die Sauerstoff-Maske zuerst selbst anlegen soll bevor man anderen hilft. Man kann niemandem mehr helfen, wenn man schon selbst bewusstlos oder gar tot ist. Man kann niemanden mehr schützen, wenn man schon selbst im eigenen Blut liegt. Das gilt immer und überall im Leben und natürlich gilt es auch für First Responder.
Daher wird man eben zBsp. bei einer Verkehrsanhaltung dazu aufgefordert, die Hände sichtbar zu halten. Daher bestehen Polizisten darauf, dass ihre Anweisungen unmittelbar und exakt zu befolgen sind. Ja, der/die Angehaltene mag völlig unschuldig sein und keinerlei böse Absichten haben, aber das weiss eben zu dem Zeitpunkt allenfalls nur der/die Angehaltene. Es kann auch ganz anders sein. Und davon muss der Polizist immer ausgehen - oder er geht unter Umständen eben nicht mehr nach Hause.