... auf zum Endspurt! ...
Freitag, 26. Mai - Tag 6 (Finish !!!)
Endspurt! Heute wollen wir “finishen”. Bis Fort William waren es noch ca. 23km. Also ein “Klacks”. Im Restaurant des Hotels bekamen wir ein typisch schottisches Breakfast. Eier, Toast, Bacon, Baked Beans und Black Pudding. Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein Dessert, sondern um gebratene Blutwurst. Mir schmeckt auch so etwas zum Frühstück.
Alex hatte die Idee, meinen Rucksack mit dem Gepäcktransport nach Fort William zu schicken. Die Idee fand ich gut, da konnte ich auf der letzten Etappe auch mal “ultralight” hiken. Also gaben wir die Rucksäcke an der Rezeption ab und ich hoffte, dass auch mein Rucksack sein Ziel erreicht. Die Sonne meinte es gut mit uns. Sie brannte. Gleich am Anfang der Tagestour stand ein steiler Anstieg durch einen Wald auf dem Programm. Stehenbleiben oder rasten kam trotz des steilen Weges nicht in Frage. Die Midges lieben es, im Halbschatten und bei Windstille, rastende Wanderer zu verspeisen. Also wurden die Zähne zusammengebissen und der Anstieg gemeistert.

Echtes schottisches Breakfast. Mit "Black Pudding"!

Nochmal der Blick aus dem Pub. Schön!

Blick zurück auf Kinlochleven.

Nur nicht stehenbleiben. Die Midges sind hinter uns her.
Die nächsten Stunden verlief der Weg ohne nennenswerte Steigungen über steinige Pfade durch Hochtäler. Wir machten eine kurze Rast an der Ruine eines alten Farmhauses und später eine ausgiebige Pause bei der ich meine Wasserreserven auffüllte und ein wohltuendes Fußbad im Gebirgsbach nahm. In dieser Reihenfolge. Erst Trinkwasser - dann die Füße! Die Sonne brannte nach wie vor (wann gibt’s endlich wieder Regen?) und der Whisky schmeckte. Der Weg durch die Hochtäler zog sich. Nach etlichen schattenfreien Kilometern erreichten wir die Überreste eines Waldes. Dieser wurde Jahre zuvor gerodet. Wahrscheinlich um noch mehr Weideland für die Haggislieferanten zu bekommen. Für uns war das schlecht, denn somit mussten wir weiter unter der sengenden Sonne Schottlands wandern. Irgendwann hatte der Wandergott Mitleid mit uns und wir fanden ein schattiges Plätzchen zum rasten. Selbst die Midges störten mich nun nicht mehr. Hauptsache Schatten. Und endlich sitzen. Meine Füße machten sich wieder bemerkbar und so langsam wünschte ich mir, den Campingplatz in Fort William zu erreichen.

... wir sind gut vorangekommen ...

Und weiter ging's durch die Hochtäler.

Ein weiteres beliebtes Fotomotiv auf dem WHW: Die Ruine eines alten Farmhauses.

Natürlich wird dort gerastet.

... und überall blökten die Haggistiere ...

... die Sonne brannte ...

Lunchtime!

... und weiter ohne Schatten ...

Dort lugt der "Lochan Lùnn Dà-Bhrà". Schöner Name für einen See.

Der erste Blick auf den "Ben Nevis"! Dem Chef der Munros!

Trotz Hitze sind alle langärmlig unterwegs. Wer hat in Schottland schon Sonnencreme dabei?!

Nicht mal hier gibt's Schatten.

Warum holzen die Schotten die paar Bäume die sie haben ab? Keine Ahnung.
So ein kleiner Schluck Whisky zwischendurch, kräftigt ungemein, vor allem die Moral! Nach dem Päuschen zogen wir weiter - nun talabwärts, im Schatten - dem Ziel entgegen. Auf der rechten Seite begleitete uns schon seit längerer Zeit das Massiv des Ben Nevis. Des größten aller Munros. 1345m! Kaum höher als der Brocken. Aber: Wenn man auf den Berg möchte, startet man von Höhe Null! Mal sehen wie das Wetter morgen wird. Ich habe ja noch einen Tag frei.
Nach einigen Meilen sahen wir im Tal den "Loch Linnhe", was in diesem Fall kein Binnensee sondern ein Meeresarm darstellt, und an dessen Ende tauchte Fort Willam auf. Das Ziel ist in Sicht. Bald darauf erreichten wir den Campingplatz, der sich ca. 4 km vor Fort Willam - am Fuß des Ben Nevis - befindet. Dort genehmigten wir uns erst einmal das eine oder andere Erfrischungsgetränk (vorzugsweise Cider) im “Glen Nevis Restaurant”.

Die letzten Kilometer ziehen sich ganz schön ...

In der Bildmitte sieht man den Trail zum Ben-Nevis-Gipfel.

Da hat der Braveheart sein Car geparkt (sh. Schild)!

Dort unten ist irgendwo der Campingplatz. Im Hintergrund: Das Ziel: Fort William!

Nun ging es nur noch bergab. Teilweise sogar im Schatten.

Das berühmte Tal "Glen Nevis" beginnt hier.

Blick vom Tal zum Chef-Munro.

Was wären die Highlands ohne Hochland-Rinder? Auf schottisch-gälisch heißen die Leckereien übrigens "Bò Gàidhealach".

Blick ins "Glen Nevis".

Schattenmann
Nach dem ausgiebigen Restaurantbesuch sind wir zurück zum Campingplatz gelaufen und wollten dort unsere Zelte aufzuschlagen. Nun ja - der Schreck saß tief, als Alex und ich bemerkten, dass unsere beiden Rucksäcke nicht den Campingplatz erreicht haben. Kein Zelt, kein Schlafsack, keine Isomatte - wo sollen wir nächtigen? Alex rief beim Transportunternehmen an und erfuhr, dass unsere Rucksäcke zum “Ben Nevis Center” geliefert wurden. Dabei sollten sie zum “Ben Nevis Campground” gebracht werden. Shit! Nun ließen wir uns an der Rezeption erklären wo sich das “Ben Nevis Visitor Center” befindet und tappten daraufhin los. Der Rest der Gruppe hat in der Zeit die Zelte aufgebaut und wir wollten uns später im Zentrum von Fort Willam treffen, damit wir gemeinsam den Trail “finishen” können. Am “Ben Nevis Visitor Center” angekommen, standen wir vor verschlossener Tür. Das hat gerade geschlossen. Mist!
Ein erneuter Anruf ergab, dass es sich beim “Visitor Center” nicht um das “Ben Nevis Center” handelt. Dieses befindet sich in der Nähe des Bahnhofes. Wir marschierten also die letzten Kilometer der Tour an der Asphaltstraße entlang zum Bahnhof. Da standen wir nun und sahen kein “Ben Nevis Center”. Es folgte ein kurzer Spaziergang durch Fort William - nettes Städtchen übrigens - und wir fragten so ziemlich jeden ob er ein “Ben Nevis Center” kenne … Ein Hinweis: Hinter dem Bahnhof gäbe es neben dem Supermarkt ein “Ben Nevis Center” … also guckten wir uns am Bahnhof um, sahen außer einer Bowlingbahn allerdings nichts, was nach einem “Center” aussah. Ich dachte schon, wir werden wohl im Waschraum des Campingplatzes nächtigen müssen. Dann bemerkten wir das Schild neben der Bowlingbahn: “The Nevis Center”. Bowlingbahn? Wir gingen rein und am Ticketschalter der Kegelhalle wussten sie schon Bescheid und der nette Schotte schloss uns die Tür zur Wanderrucksackabstellkammer auf … und da waren sie! Beide Rucksäcke!
Wie konnte das passieren? Wir stellten fest, dass die Rezeptionsdame im Hotel, wo wir unsere Sachen am Morgen aufgegeben hatten, das Kürzel “BNC” auf die Versandetiketten geschrieben hat - anstelle von “BNCG” (“Ben Nevis CampGround”). Und “BNC” wurde also als “Ben Nevis Center” interpretiert. Schei***egal, wir haben unsere Rucksäcke wieder!
Nun telefonierten wir uns noch mit den anderen zusammen und schlenderten durch die Stadt zum offiziellen Endpunkt des West Highland Ways. Dort befindet sich eine Skulptur, die einen alten Wandersmann darstellt, der sich - auf einer Bank sitzend - die Füße massiert. Böse Zungen behaupten, dass der alte Herr mit ähnlich sieht. Dort werden natürlich die obligatorischen Finisher-Fotos geschossen, wir gratulierten uns gegenseitig und dann suchten wir uns noch einen netten Pub, vor dem wir noch die entsprechenden Finisher-Getränke zu uns nahmen. Anschließend wurden diverse Kleinigkeiten aus einem der vielen Souvenirshops gekauft und dann spendierten wir uns ein Taxi, welches uns zurück zum Zeltplatz brachte.
Unsere Zelte wurden rasch aufgebaut und dann gönnten wir uns ein vorzügliches Abendbrot im bereits besuchten “Ben Nevis Restaurant”. Ich bestellte mir wieder “Haggis, Neeps & Tatties” … diesmal in einer etwas rustikaleren Form … es war vorzüglich und äußerst reichlich … selbst für einen guten Esser wie mich. Später im Lokal, fand sich die gesamte internationale Wandergruppe wieder zusammen. Auf dem Zeltplatz erfolgte später eine Fortsetzung der vergangenen Abende … dieses Mal jedoch verbunden mit dem aussichtslosen Kampf gegen tausende Midges, die mit allen legalen und illegalen Mitteln bekämpft wurden. Dass der Kampf nutzlos war, bemerkte ich noch am Abend, als ich meine zerstochenen Füße begutachtete …

Nettes Städtchen dieses Fort William.

Hier kauft Mann Röcke. Nein, ich habe kein lustiges Foto von mir im Schottenrock.

Gibt es hier gewisse Ähnlichkeiten?

Die Ziellinie. Finish! Knapp 160 km in den schmerzenden Füßen.

Als Gin-Liebhaber musste ich die Karte im Restaurant einfach fotografieren.

“Haggis, Neeps & Tatties” - ich liebe dieses Zeugs!

Unser Camp! Wird es noch ein Basislager für die Besteigung des Ben Nevis?
Tageskilometer: ~23
Viele Grüße,
Nick 