Ich habe mir mal gedacht, ich eröffne ein neues Thema.Rubrik: "Eigentlich will ich es gar nicht erzählen, weil zu schlimm/ zu dämlich"
Mein bisher ungetoppt schlechtester Tag war der 28.5.2016. Damals war ich auf meiner Frühjahrsrundreise von LA über Tucson, Coalmine Canyon, Kanab, Las Vegas, Great Basin NP, Yosemite, Monterey, San Francisco.
Am 28.05.2016 war ich bei schönstem Schneefall auf dem Weg vom Great Basin NP zum June Lake. Ich wollte am Folgetag über den frisch geöffneten Tioga Pass und die verschneite Bergwelt dort oben genießen. Ich hatte von vornherein meine Reise extra so gelegt, dass ich die Möglichkeit dazu hatte.
Zunächst war alles besser als es sein sollte, die Sonne schien und der Schnee glitzerte auf den Bergen. Zum Abschied präsenstierte sich der Great Basin NP von seiner schönsten Seite.
In Ely fuhr ich rechts ran, um kurz die Karte zu studieren. Fast zeitgleich ertönte hinter mir eine wunderbare Polizeisirene und der örtliche Deputy startete in seinen Arbeitstag, indem er mir erklärte, dass ich dort nicht halten dürfe. Da wir bis zu beiden Horizonten der Straße die einzigen menschlichen Wesen waren, wußte ich, dass Ely ein echt totes Kaff sein muss, wenn der Deputy hier tätig wird. Deswegen habe ich nach der halbstündigen Zwangspause (so lange brauchte der Gute, um meinen Führeschein und meinen Reisepass zu prüfen) herzhaft aufs Gaspedal getreten und habe Ely auf meinem Weg auf dem Loniest HWY in the US keines weiteren Blickes gewürdigt.
2,5 einsame und langweilige Stunden später kam ich dann in Tonopah an. Dort war nix mehr mit Sonne und ich brauchte eine Pause und mein Wagen Benzin. Ich stattete somit der Shell Tankstelle des ehemaligen Goldgräberstädtchens einen Besuch ab. Tanken, was zu trinken und dann noch kurz für kleine Jungs und weiter gings.
In der Zeit hatte ich schon mitbekommen, dass die Highway Patrol rund um Tonopah besonders intensiv Jagd auf Temposünder machte, also durfte ich die nächsten gefühlt 30 schnurgeraden Meilen mit exakt 50 mph dahintuckern. Was solls, ich war ja im Urlaub. Noch....
Nach weiteren 3 Stunden, einigen Fotostopps und mittlerweile feinstem starken Schneefall (was klasse auf der Passstraße war), kam ich am Mono Lake, bzw. in Lee Vining an.
Mittlerweile hatte ich ziemlich Hunger und wollte in einem der Generalstores auf Futtersuche gehen.
Dann der Schreck: Wo ist mein Portemonaie????
Auch nach akribischer Suche: Das Ding war weg. Panik kroch in mir hoch. Wo war das verdammte Ding? Dann die Eingebung: "Scheiße, ich hab das Ding an der Shell Tanke in Tonopah auf der Toillette auf dem Hand Dryer liegen lassen...."
Noch mehr Panik... Wäre ich eine Frau gewesen, hätte ich jetzt geheult...
Ok, Ruhe bewahren, nachdenken: "Was ist alles in dem Ding drin. Wie schlimm ist es?"
"Ach Du Schande: Sämtliche Kreditkarten, meine EC Karte, all mein Bargeld, mein Perso und mein Führerschein. Also Worst Case und Totalschaden."
Panik war jetzt geradezu ein Euphemismus. Gestrandet am Arsch der Welt, an einem Samstag ohne Geldmittel und einem halbleeren Tank....
Ich hatte zwar mein Handy dabei, aber leider ohne Karte für Amiland. Also nur ein reines Nottelefon.
Ich bin dann in das Visitor Center von Lee Vining gegangen und habe dort den netten Mitarbeiter um Hilfe gebeten. Gott sei Dank sind die Amis so unfassbar hilfsbereit.
Wir haben dann die Telefonnummer der Tankstelle rausgesucht, um dort anzurufen. Leider ohne Erfolg. Wie sich herausstellte hatte der Typ dort den Hörer neben das Telefon gelegt
In der ganzen Zeit fiel mir ein, dass ich noch einen Umschlag mit 200 $ im Rucksack hatte. Puuuuhhhhhh, ich war zumindest wieder etwas im Spiel!
Ich konnte die Rückfahrt nach Tonopah riskieren, ohne Angst haben zu müssen, dort zu stranden!
Also setzte ich mich wieder ins Auto und machte mich wieder auf den Weg. Durch den Schneefall, über die Pässe. Der Schneefall hatte zugenommen.
Was fehlte mir jetzt noch an diesem Tag? Richtig: Wegen Speeding angehalten werden ohne Führerschein.
Also zwang ich mich das Speedlimit einzuhalten. Gar nicht so einfach bei einem Dauerpuls von 180...
Trotzdem war ich nach 2 Stunden in Tonopah - ohne Kontrolle des Sheriffs!
An der Shelltanke sagte mir der mexikanische Mitarbeiter, dass mein Portemonaie gefunden wurde. Gott sei Dank!
Ich bekam eine Visitenkarte des Finders: Waaaas??? Eine Adresse aus Sierra Vista, AZ..... Da war ich 10 Tage vorher. An der mexikanischen Grenze...
Ich rief die Nummer an und es meldete sich eine freundliche Stimme, die mir bestaätigte, dass er wirklich mein Portemonaie hätte. Er wäre auch auf der Durchreise gewesen: Er kam von Sierra Vista, hatte in Las Vegas übernachtet und war auf dem Weg zu seiner Tochter, die Lehrerin in Carson City ist.
Er wäre jetzt auf dem Weg dorthin. Ich könne mir das Portemonaie dort abholen. Er wäre die nächsten 5 Tage dort.
Carson City??? Das war jetzt nicht wirklich wahr?!?!
Ok, Immerhin wusste ich jetzt, dass ich das Portemonaie wohl wiederbekommen würde. Nur, mittlerweile war es 18:00 Uhr und laut Google Maps waren es 3:40 Std. bis Carson City... Das Wetter wurde noch gruseliger und die Straßen waren schneebedeckt. Die Fahrt war eine einzige Katastrophe
Auf dem Weg von Lee Vining nach Tonopah hatte ich meinen Vater in D angerufen und instruiert, für den Fall des Falles eine nah gelegene Western Union Filiale zwecks Finanzspritze zu suchen und Sperren der CC anzuleiern, falls ich das Portemonaie nicht wiederbekomme.
Jetzt konnte er mich nach über 3 Stunden Fahrt (Ich hatte im Blizzard alles gegeben und meine Fahrkünste auf Schnee als Rallyfahrer perfektioniert) per Telefon durch Carson City dirigieren.
Um kurz vor 22:00 Uhr war ich dann an der genannten Adresse. Und tatsächlich: Mir wurde geöffnet, die Leute wussten Bescheid und ich hatte mein Portemonaie wieder, ohne dass etwas gefehlt hätte!
Der Finder wollte partout kein Geld und nach einem kurzen Schnack war ich wieder auf der Piste. Jetzt noch zum June Lake? Nööööö!
Das Hotelzimmer war dann dort halt beim Teufel! Ich habe mir dann in Carson eine billige Kaschemme und einen Liquore Store gesucht, und dann vor dem zu Bett gehen versucht, mit gutem Whiskey den Tag zu vergessen. Hat nur teilweise funktioniert, aber ich habe dann gut geschlafen
Gefahrene Meilen: 750
Fahrzeit: 12:30 Std.
Zusätzliche Kosten: 300 € (Telefon, Benzin, Extra Hotel)
Gesammelte Erfahrungen: Jede Menge!
Ach Ja: Die Ecke um Tonopah kenne ich jetzt auch recht gut. Zumindest von der Straßenansicht her...