RAW-Entwicklung am Beispiel von tspitz's Bild

  • Gestern habe ich mir den Thread zum Yellowstone RB von tspitz angeschaut. Dabei sind wir wirklich schöne Fotos aufgefallen, allerdings recht häufig ausgefressene Wolken - also Wolken in denen teilweise keine Struktur mehr erkennbar ist, sondern alles "reinweiß". Alle Farbkanäle übersättigt.
    Ich dachte zuerst, die Fotos wären mit einer Kompaktkamera geschossen worden, denn diese haben damit oft Probleme. Das war aber nicht so - die Bilder wurden mit einer Nikon DSLR (keine Wertung!) in RAW aufgenommen und "einfach so" in einen RAW-Konverter "gekippt".


    Daraufhin hat mit tspitz das RAW zur Verfügung gestellt und wir haben ausgemacht, die Entwicklung hier kurz zu besprechen - für diejenigen, die es interessiert. Also los geht's... :D


    Es geht um dieses Bild:


    Man erkennt den großen weißen Bereich in der großen Wolke. Darum geht es mir hier vor allem. Eigentlich wären nach dem Importieren die ersten Schritte Bildausschnitt und Weißabgleich kontrollieren und ggf. anpassen, das ist aber in diesem Fall beides OK. :)


    Ich habe also das RAW in Lightroom importiert und mir den Bereich um den es geht mal genauer angeschaut. Man kann in Lightroom solche überstrahlte Flächen rot hervorheben lassen:


    Noch interessanter ist dabei der Blick auf's Histogramm in der oberen rechten Ecke. Ich sehe sofort, dass das Bild global überbelichtet ist und schon am Histogramm, dass einige Partien des Bilds überstrahlt sind. :8o:


    Das Verständnis des Histogramms ist sowohl für eine schnelle Bildkontrolle vor Ort (was ich selber viel zu selten mache - selbst Kompaktknipsen bieten dieses Feature) als auch für eine effektive Bildbearbeitung unabdingbar (Erklärung 1, Erklärung 2).
    Der "Berg" ist rechts angeschnitten und links ist viel Platz - also klar überbelichtet. Ein Blick auf's Bild bestätigt das, aber vor allem wenn man keinen kalibrierten Bildschirm (deutliche Fehldarstellung was Farben und Helligkeit angeht möglich!) hat ist zumindest was die Belichtung angeht das Histogramm verlässlicher als unsere ungenaue "Augen / Bildschirm Interpretationsmaschinerie". :whistling:


    Bevor ich also anfange, die Lichter separat zu retten, führe ich eine globe Unterbelichtung von -0,5 Blenden durch. Das hilft bei den Lichter und nutzt auch den Tiefen des Bildes - das Histogramm wird voll ausgenutzt und die dunkelsten Schatten sind jetzt schwarz. Die Dynamik (im technischen Sinn) erhöht sich und sofort wirkt das Bild weniger "flau".


    Nun hat mir die Wolke aber immer noch zu wenig Struktur. Das Bild war wirklich deutlich überbelichtet. ;(
    Ich muss also die Lichter retten. Dazu gibt es je nach Programm mehrere Möglichkeiten, die im Endeffekt aber alle mehr oder weniger das Gleiche machen. In Lightroom kann ich mir z.B. im Histogramm einfach den ganz rechten "Hügel" (in diesem Fall eher die "Spitze") packen und nach links ziehen. Ich verschiebe also die hellsten Bildanteile (= "Lichter") in eine dunklere Richtung. In Lightroom wird dadurch einfach der Regler "Lichter" nach links geschoben - in Photoshop heißt der Regler "Wiederherstellung". Alternativ kann man über die sog. Graduationskurve arbeiten - ein wirkliches Universalwerkzeug im übrigen, auf die ich jetzt aber hier nicht eingehen möchte. :D


    Ich erkenne schnell, dass ich zwar nun deutlich mehr Struktur in den Wolken habe, aber es immer noch überstrahlte Bereiche gibt (ich ziehe Lichter auf -100 um das deutlicher zu sehen). Damit das nicht so auffällt entscheide ich mich als Kompromiss für einen Wert von -50.
    Aus unterbelichteten Bilder kann man deutlich mehr als aus überbelichteten machen... der "Headroom" ist da auch bei RAW ziemlich begrenzt. Wobei er in diesem Fall schon ziemlich knapp war - das kenne ich so eigentlich nicht... aber egal. Gebracht hat's was. :zwinker:


    Die "Mitten" und die "Tiefen" passen sowohl nach Histogramm, als auch nach Bildeindruck - das Thema Belichtung ist also "durch".


    Jetzt wirkt mir das Bild allerdings immer noch ein wenig zu flau. Also erhöhre ich die globen Kontraste ein wenig mit dem Regler "Kontrast" (das ginge auch mit der Graduationskurve: leicht s-förmig) und die lokalen Kontraste mit dem Regler "Klarheit". Mikrokontraste (Stichwort "schärfen") werden von Lightroom automatisch beim Export als JPG erhöht, denn das sollte abhängig von der Ausgabegröße und dem Ausgabemedium passieren.


    Jetzt sollen bloß noch die Farben noch etwas mehr knallen, also erhöhe ich den Regler "Dynamik". Alternativ ginge auch der Regler "Sättigung", aber der Regler "Dynamik" hat eine gewisse Intelligenz eingebaut - er versucht übersättigte Farben zu vermeiden. Das Ergebnis wird natürlicher und kann etwas sorgloser verwendet werden.



    Im Histogramm sieht man jetzt übrigens auch die deutlich bessere Belichtung. :zwinker:


    Jetzt bin ich soweit zufrieden und habe ein natürliches, aber dennoch knackiges Bild mit möglichst viel Struktur in den Wolken. :thumbup:
    So sieht das Endergebnis aus:


    Soviel zum Thema "kalibrierter Bildschirm": hier habe ich einen solchen nicht und die Schatten wirken großflächig zu dunkel - das ist aber def. nicht der Fall. Es gibt nur einzelne schwarze Pixel. :zwinker:


    Sicher kann man da noch was verbessern (Vorschläge werden gerne entgegengenommen), aber das wäre so ziemlich mein Standardworkflow. Der Aufwand in Lightroom war ungefähr 3 Minuten, da ich etwas gründlicher war. Normalerweise 30 Sekunden. :8o:


    Was auffällt ist die völlig andere Färbung von tspitz's JPG. Stellt sich die Frage, was der RAW-Konverter da alles gemacht hat?


    Gruß
    Michael

  • Boah, das knallt aber Volker. :8o:


    Sieht aus wie:
    Belichtung -0,7
    Kontrast +30
    Sättigung +999 :D


    Mal unabhängig davon, dass Du für meinen persönlichen Geschmack die Regler zu heftig gezogen hast... wäre das Ergebnis natürlich auf RAW-Basis besser. Stichwort Zeichnung in den Wolken. :zwinker:


    Aber Deine eigenen Bilder machst Du doch auch nicht so krass? Willst Du mich etwa veralbern? :whistling:
    *schonwiedernachseinemneuenlieblungssmileykram*


    Gruß
    Michael

  • Also iiiiirgendwie komme ich mir mal wieder verarscht vor. :D


    Video gibt's nicht... ist mir zu viel Aufwand. Und die Pfeilchen braucht auch keiner, wenn er die Namen hat.
    Zumal das Vorgehen ja auch auf andere Softwaren übertragbar ist. (:tongue:)

  • Esrtmal danke für deine Arbeit, jetzt habe ich aber das Problem das ich hier ca. 52GB an Bildern rumliegen habe und die Dropbox in der kostenlosen Variante nur 2GB aufnimmt... Soll ich die jetzt die Bilder auf DVD zukommen lassen :?: :?: :?: :?:


    :D :D :D


    Ne mal im Ernst habe jetzt selber nochmal bissel gespielt mit dem View NX :


    Was ich allerdings jetzt noch nicht begriffen habe ist das Histogramm, muss ich mir jetzt mal deine links reinziehen.


    Aussehen tut es jetzt so:



    Lightroom ist mir im Moment noch etwas zu teuer...

  • Ich gabe da lieber Hilfe zur Selbsthilfe. :D


    Das mit dem Histogramm solltest Du Dir reinziehen! Ist extrem hilfreich... wenn nach dem Lesen noch Fragen bleiben... frag'. :thumbup:


    Deine neuen Bilder sehe ich hier leider nicht... also bitte etwas Geduld. :whistling:


    Lightroom ist halt das Tool, dass ich zur Verwaltung meiner Bilder, zur RAW-Entwicklung und für 99% aller Bearbeitungen benutze. Außerdem bin ich ein sehr großer Fan davon, denn vor allem wenn man viele Bilder bearbeiten/entwickeln/aussortieren will... dann ist es einfach genial. :thumbup:


    Nichts desto trotz, sollte das in den meisten Programmen so wie beschrieben funktionieren.
    Findest Du in ViewNX alle beschriebenen Regler?


    Vielleicht ein paar Übersetzungen / Synonyme um die Übertragung auf andere Programme leichter zu machen:


    • Belichtung = Exposure
    • Lichter = Highlights
      Funktion wird auch "Wiederherstellung" = "Recovery" oder "Highlight Protection" genannt und dann muss man "hochdrehen" um die Lichter runterzuholen.
    • Tiefen = Shadows
    • Klarheit = Kontrast + schärfen = Contrast + sharpen (bzw. eine Mischung daraus - die Funktion ist Adobe spezfisch)
    • Dynamik = Sättigung (naja nicht ganz... siehe Text) = Satuaration = Color Boost


    Gruß
    Michael

  • Da ich Picasa nur mal kurz auf dem Netbook hatte hier nur eine Vermutung auf Basis von Gelesenem und "gesundem Menschenverstand":

    • Wirklich exzellente Möglichkeiten zum bewerten, markieren und aussortieren mit Bildern mit Shortcuts, ...
    • Deutlich bessere RAW-Engine (entrauschen, schärfen, Lichter retten, ...) -> bessere Bildqualität v.a. in schwierigen Fällen
    • Mittlerweile recht umfangreicher Funktionsumfang an lokaler Bildbearbeitung in Photoshop Qualität: Stempel (mit und ohne Intelligenz), Verlaufsfilter, ...
    • Parametrischer Dantenbankansatz: alle Änderungen können nachträglich beliebig nachvollzogen und beliebig modifiziert werden. Fotos werden bei Bedarf im richtigen Format / Nachschärfung und Größe als JPG exportiert (für Foto, Poster, Dia, Forum, ...)
    • Integration von Photoshop für parallel Bearbeitung, Panoramen, ...


    Mehr fällt mir gerade nicht ein. ^^
    Ich bin halt irgendwie begeistert... und ich bin jemand der sonst gerne mal ein Haar in der Suppe findet - allerdings ohne das schlimm zu finden. :D


    Nur mal ein Beispiel wie ich Bilder im ersten Durchgang aussortiere:
    Filter auf "unmarkierte" Fotos (-> "abgelehnte" und "markierte" werden ausgeblendet).
    Beim ersten Bild anfangen... Zeigefinger links auf "X", Zeigefinder rechts auf "P" und kleinen Finger rechts auf "Pfeiltaste nach rechts".
    Wenn ein Bild nicht gefällt: "X" drücken -> "abgelehnt" -> wird ausgeblendet -> automatisch nächstes Bild
    Wein ein Bild außerordentlich gefällt: "P" drücken -> "markiert" -> wird ausgeblendet -> automatisch nächstes Bild
    Wenn ein Bild gefällt: "Pfeiltaste nach rechts" -> nächstes Bild


    Natürlich ist das alles reversibel... das wegen tut man sich auch nicht so schwer mit dem "ablehnen".


    Klingt trivial, aber macht es wirklich effizienter 4000 Bilder von 3 Wochen Urlaub durchzugehen. :D
    Der Tag hat ja leider keine 36 Stunden. :whistling:


    Gruß
    Michael

  • Na, wer's braucht :D


    Ich hab sowohl den Lichtraum als auch picasa installiert, nutze aber in 99% aller Fälle letzteres. Ist IMHO völlig ausreichend für 08/15 Nichtnörgler (:tongue:) Bilder "aussortieren" mache ich zB gar nicht mehr im Programm sondern bereits vorher, das nennt sich "erstellen eines Ordners" :8o:

  • Nörgler? *nachsmileykram*
    Nörgler bin ich keiner... ich bin nur zwanghafter Optimierer. :D
    Und wenn ich merke, dass der Delinquent keine Tipps haben will... lass' ich es auch. Aber das war ja hier nicht so. (:tongue:)


    Ich schreibe doch die ganze Zeit - das geht natürlich nicht nur mit Lightroom. Zumal Aperture auch was Workflows angeht wohl ähnlich gut ist.
    Aber für Teilzeit-Perfektionisten und zwanghafte Workflow-Optimierer wie mich, ist es perfekt. (:hutab:)


    Gruß
    Michael

  • ..hej Michael...kann ich Dir noch'n paar Bilder schicken :D:D ??? Du kannst das sooo gut...
    Aber im Ernst: wie kann ich ein altes, mit einem Scanner eingelesenes Foto, das jetzt viele kleine Pünktchen hat...wie kann ich diese Minipunkte beseitigen? Ich hab' da keine Peilung. Gibt es ein Programm dazu? Es scheint mir unsinnig jeden Punkt einzeln zu beseitigen...so lange leb' ich nicht mehr :S:

  • Huhu,


    sehr schön den LR-Workflow erklärt.


    Ich habe mal vor einiger Zeit ebenfalls meinen Workflow in Lightroom beschrieben, ist zwar für Flugzeugspotter-Bilder, am im Prinzip ist es egal ob man nun einen Flieger auf dem Bild hat oder einen Bison vor herrlicher USA-Kulisse. Wer Interesse hat kann sich das gerne mal anschauen:


    http://www.eddl-spotter.de/ind…ials/spotter-workflow-neu


    LG Thomas

  • Ihr könnt ja Sachen. (:Respekt:)


    Da muss ich wohl nach unserem Urlaub mal intensiv ran...

    [size=18]USA 2009, USA 2012
    [size=10]Bei Stammtischtreffen nette Leute getroffen....

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