In diesem Monat scheint niemand für den Musikkalender zuständig zu sein, ich versuch's deshalb mal auf die Schnelle mit ein paar Konzerterlebnissen...
Meine erste Begegnung mit live gespielter Musik war am 31.8.1972 in der Essener Grugahalle. The Who mit Vorprogramm Golden Earring spielten dort zum Tanz auf. Der große Bruder eines Freundes hatte ein Auto und wir fuhren zu dritt zur Halle,
Ärger gab es aber schon einige Stunden vor Beginn des Konzertes. Lange Zeit konnte man nur durch eine schmale Eingangstür in die Halle gelangen und folglich staute sich davor eine gewaltige Menschenmenge. Mitten drin eingeklemmt und unbeweglich Polizisten. Bierflaschen gingen massenweise zu Bruch, man watete bald durch Scherbenhaufen. Irgendwann kamen dann bis 21 Uhr doch noch alle in die weitgehend ausverkaufte Halle hinein.
Kurz nach 22 Uhr begannen die »Who«. Sänger Roger Daltrey besteht mittlerweile nur noch aus Haaren, Bassist John Entwistle ist noch immer die Langeweile in Person, Drummer Keith Moon beschmeisst das Publikum nach wie vor mit Trommelstöcken. Gitarrist Pete Townshend stolzierte in einer Art strahlend weissem Matrosenanzug ziellos über die Bühne und machte Spässchen, die kein Mensch verstand.
Auf sein obligatorisches Zeremoniell der Gitarrenzertrümmerung wollte er nicht verzichten. Bekamen einige Leute das in die falsche Kehle?
Grugahallen-Veranstaltungsleiter Hugo Kempkes hatte angesichts der Olympia-Fernsehberichtserstattung nicht mit diesem Besucheransturm gerechnet: »Das hat es bisher noch bei keinem Einzelkonzert gegeben, selbst bei dem Auftritt der 'Rolling Stones' nicht.
Golden Earring begann mit "Big Tree Blue Sea", danach Stand by Me, I'm Going to Send My Pigeons to the Sky / Eight Miles High - und schon war es wieder vorbei. Die mir bekannten Hits fehlten, aber es hat Spaß gemacht.
The Who begannen mit I Can't Explain und irgendwann durfte natürlich auch "My Generation" nicht fehlen.
Eine Schlägerei vor der Bühne beendete Pete Townshend, indem er von selbiger sprang, ins Publikum ging, sich dort die Übeltäter raussuchte, packte und der Security übergab.
Danach ging's störungsfrei weiter. Bester Song: Won't get fooled again" - mit toller Lasershow. So etwas hatte ich noch nie gesehen bzw. ich wusste gar nicht dass so etwas möglich war.
Warum gerade The Who? Nun, die spielten gerade in der Nähe und eins der ersten Lieder, die mir schon sehr viel früher richtig gut gefielen war “See Me Feel Me”, gespielt von einem Schulkollegen, der ständig auf seiner Gitarre herumklimperte und Lieder zum besten gab. Also außer im Unterricht. Er konnte viele Lieder spielen in einer Zeit als meine Finger noch zu klein für die nötigen Griffe waren. Später ist dann ein recht bekannter Sänger aus ihm geworden, auch wenn er weder singen kann noch jemand seine Texte versteht. Ein weiterer Schulkollege (der es später als narbengesichtiger Filmbösewicht zu einem mittleren Bekanntheitsgrad brachte) hatte “Who’s Next” in seinem Besitz, die er mir mal ausgeliehen hat und ich dann eine Woche lang zuhause “Won’t Get Fooled Again” auf voller Lautstärke abgespielt habe. Die dazu benötigten Geräte, Radio/Verstärker, Boxen und Plattenspieler hatte ich mir in den Schulferien verdient. 1971, mit 15 Jahren, 6 Wochen bzw. 29 Tage arbeiten für 3,48 DM pro Stunde - insgesamt kamen 990,65 DM und 1972, mit 16 Jahren, bei 27 Tagen 690,44 DM, allerdings bei einen Lohn zwischen 2,87 und 3,32 DM, heraus. Von dem Geld konnte man sich einiges kaufen damals. Heute bekommen die Kinder ja ohne irgendeine Gegenleistung so gut wie alles geschenkt. Aber ich schweife ab.
Meine weiteren Lieblingsbands der damaligen Zeit, Titanic, Santana, Deep Purple, Barry Ryan oder CCR spielten nicht in der Nähe - also waren The Who die ersten.
Im Laufe der nächsten Jahre sollte ich dann noch mehr Konzerte besuchen, vom einen oder anderen gibt's hier etwas zu erzählen....