Die Straßen/Bahnen von Lissabon

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    TONIGHTS EPISODE:

    LISBON  ohne Mentalist

    Auf Susannes Empfehlung haben wir nicht nur das Ziel unserer Reise, sondern auch die Unterkunft gewählt. Lissabon stand schon lange auf der Wunschliste, schon alleine wegen der vielen Parallelen zu San Francisco, und das Hotel Sana Capitol hat sich nicht nur als das preiswerteste herausgestellt, sondern auch als sehr günstig gelegen. Nur wenige Schritte entfernt vom Ciclovia do Marques de Pombal, einem doppelten Kreisverkehr mit Statue des Besagten im Mittelpunkt, sowie dem Parque Eduardo VII, der größten innerstädtischen Parkanlage Lissabons. Und nur zwei Bushaltestellen entfernt vom Stadtzentrum mit dem Praça de Dom Pedro IV, besser bekannt als Rossio, und damit vielen Sehenswürdigkeiten.

    Carreira 28E dos Elétricos de Lisboa

    ACT I

    Unser erster Wochenordnungspunkt ist eine Fahrt mit der Carreira 28E dos Elétricos de Lisboa, einer historischen Straßenbahn, von denen es, anders als in San Francisco, nur eine Sorte gibt. Dennoch museumsreif und immer noch in Funktion. Da wir (äh ich) nicht mehr so gut zu Fuß sind, wollen wir uns damit den steilen Anstieg und auch das Laufen an sich ersparen und damit nicht nur die oberen Stadtteile, sondern per se die Stadt ansehen.

    Carreira 28E dos Elétricos de Lisboa

    Carreira 28E dos Elétricos de LisboaEs wird empfohlen, an den Start- bzw. Endhaltestellen zu warten, sonst sei die Bahn zu voll. Also fahren wir mit dem Bus, der an einer der vielen Haltestellen des Kreisverkehrs startet, zum Rossio, überqueren den Praça Figueira, um uns am Praça Martim Moniz der langen Warteschlange anzuschließen. Das Anstehen ist besonders ermüdend, wenn überhaupt kein Wagen der Linie 28 kommt oder endlich einer kommt, aber leer weiterfährt. Der einzige Fortschritt ist nur damit zu begründen, dass Wartende sich der Abwerbung der Tuktuk-Fahrer ergeben oder aus sonstigen Gründen aufgeben und ihren Platz freimachen. Da wird aus Minuten Stunden, aus Stunden Tage und am Ende Wochen. Wenn gar nichts geht, geht auch das Zeitgefühl. Die Belohnung all unserer Geduld ist dann eine Freifahrt. Eine, auf einem Nebengleis stehende 28 überlegt es sich anders und lockt uns mit frischen Sitzplätzen. Hier gibt es keinen Kassierer und so steigen wir ein, im Glauben, dass später kassiert wird. Außer uns haben aber alle Tickets, die sie abstempeln. Wir betrachten es als Entschädigung. Zwei Stunden Warten, 3,20 € der Fahrpreis, also 1,60 € Stundenlohn. Mühselig ernährt sich das portugiesische Eichhörnchen.

    Die Fahrt geht, besonders für so ein historisches Teil, rasant durch enge und engste Sträßchen, zum Teil steil bergauf, und mit Gegenverkehr. Aber die Jungs sind’s gewohnt und keiner wird hektisch. Jetzt erklären sich auch die Abfahrtzeiten. Die Tour ist aufgrund der Enge der Gassen, im Weg stehender Lieferwagen, Anwohnern, die in ihre verwinkelten Einfahrten rangieren, und den zig Tuktuks nicht kalkulierbar. Und zwischendurch muss der Fahrer auch mal aufs Klo.

    Carreira 28E dos Elétricos de Lisboa

    Quiosque 28


    Schöner und ausführlicher hätten wir Lissabon zu Fuß nicht erkunden können. Wir rappeln in Richtung Graça und dann weiter zur Kirche Igreja de São Vicente de Fora, fahren weiter nach Alfama, dann Richtung Baixa, passieren die Kathedrale , die Kirche Igreja de Santo António, überqueren den Platz Largo do Camões, sehen das Parlamentsgebäude und das alte Kloster Convento de São Bento, es geht vorbei an der Basilika und der Gartenanlage Jardim da Estrela, durchqueren Campo de Ourique und enden am Largo dos Prazeres. Dort haben wir das Ende der Strecke erreicht und es gibt nichts außer einem kleinen Kiosk, Quiosque 28, der perfekt geeignet ist, in aller Ruhe und mit frisch gezapftem Bier auf die Rückfahrt zu warten. Auf die nächste, die übernächste oder die über-übernächste…

    ACT II

    Der nächste Punkt auf unserer Wochenordnung sollte aus Fahrstuhlfahren bestehen. Zunächst geht’s wieder mit dem Bus zu Herrn Rossio, denn dort haben wir gestern zufällig den ersten entdeckt. Vorher noch schnell ein Foto mit einem der vielen LISBOA-Schriftzüge, die an verschiedenen Orten aufgestellt sind, und dann geht’s quer über die Straße zu dem Aufzug, der eigentlich wie eine hochhackige Straßenbahn aussieht.

    Im Bezirk Restauradores, um genau zu sein, stellen wir uns an der erfreulich kurzen Schlange an, um mit dem Elevador da Glória den Berg hinaufzukraxeln und dort das Stadtviertel Bairro Alto, den Príncipe Real und den Aussichtspunkt des Jardim de São Pedro de Alcântara zu erreichen.

    Elevador da Glória

    Bairro Alto

    Oben angekommen ist ein Fest bereits in vollem Gange, uns ist es jedoch noch zu früh für Bier und Schweinefleischbrötchen.

    Also gehen wir in die Richtung, in der wir den Aufzug Elevador de Santa Justa vermuten, mit dem wir wieder nach unten fahren wollen. Diesmal keine Bahn, sondern zwei Fahrstuhlkörbe in einem Eisenkorsett, das mindestens so imposant ist, wie der Eiffelturm. Und auch hier, wie bei der Bahn, mit Chauffeur.

    Elevador de Santa Justa

    ACT III

    Den dritten Tag hatten wir so nicht geplant, aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Was sich für Volker zum Scheißtag entwickelt, entwickelt sich für mich zum Guten. Während Volker den Lokus aus Sicherheitsgründen nicht aus den Augen lässt, erkunde ich die nähere Umgebung unseres Hotels. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite des Kreisverkehrs, befindet sich ein großer Park, Parque Eduardo VII, in dem zurzeit eine Buchmesse stattfindet. Ich gehe den Schreien eines Pfaus nach und entdecke einen etwas versteckt liegenden, botanischen Garten: Estufa Fria de Lisboa. Für 3,60 € Eintritt bin ich so gut wie alleine in der aus drei Gewächshäusern und einer Freifläche mit Teich bestehenden Anlage.

    Estufa Fria de Lisboa

    Im größten der Gewächshäuser, Estufa Fria, werden einheimische Pflanzen gezeigt. Das Estufa Quente hingegen ist tropischen Pflanzen aller Art gewidmet und das kleinste, das Estufa Doce, zeigt eine Kakteensammlung. Der botanische Garten kann auf unterschiedlich angelegten Wegen, teils ein bisschen abenteuerlich, erkundet werden, was für zusätzliche Spannung sorgt. Die wenigen anderen Besucher stören kein bisschen und stehen beim Knipsen nie im Weg. Herrlich hier!

    Estufa Fria de Lisboa

    Estufa Fria de Lisboa

    Des einen Leid – des anderen Freud. Abschließend gönne ich mir eine kurze Mittagspause und kehre im Beca Beca ein, einem kleinen und gemütlichen Park-Kiosk, der etwas abseits der Büchermesse liegt und sich als wahre Oase entpuppt. Schattige Plätze bei portugiesischer Musik, bei der man nicht melancholisch wird, kühles Super Bock und leckere Kleinigkeiten. Das wird mein Lieblingsplatz.

    ACT IV

    Dreißig Stunden war der Volker krank! Jetzt geht’s ihm wieder. Gott sei Dank! Und so fahren wir erst mal ans Wasser, wir müssen ja unbedingt noch die große Schwester der Golden-Gate-Bridge, die Ponte 25 de Abril sehen.

    Praça Dom Pedro IV

    Basilika da Estrela


    Am Tejo ist es schön, vor allem schön voll. Nicht nur voll von Touristen, sondern auch voll von Sonnenbrillen-Andrehern. Man könnte zwar tatsächlich eine Brille gebrauchen, aber es wird eh zu heiß in der Sonne, also fahren wir mal wieder eine historische Elektrische. Diesmal die Linie 25, in der Hoffnung, dass sie am Wasser entlangfährt. Tut sie auch eine Weile, dann biegt sie aber stadteinwärts ab. Sie stellt die Verbindung zwischen dem Platz Praça da Figueira und dem Stadtviertel Campo de Ourique her. Auf ihrem Weg fahren wir durch die Stadtviertel Santos und Lapa, vorbei an der Basilika da Estrela und landen wieder an der Endstelle, die wir schon kennen, mit dem Kiosk, den wir schon kennen, mit dem Bier, das … wie auch immer, bei so einem Gottesurteil können wir schlecht Nein sagen. Der Tejo und die Ponte laufen uns ja nicht weg.


    Wir haben es anschließend noch geschafft, das Denkmal am Tejo, das Padrão dos Descobrimentos, mit Blick auf die Ponte 25 de Abril zu erreichen, aber das war nicht annähernd so schön, wie alle anderen bisherigen Unternehmungen. Der Aufwand war das Ergebnis meiner Meinung nach nicht wert.

    Padrão dos Descobrimentos

    Ponte 25 de Abril

    EPILOG

    Wie auch schon in Spanien denke ich hier auf den ersten Blick: wat ne schäbbige Ecke. Und vor lauter schäbbige-Ecke-Denken sehe ich erst mal gar nicht, wie schön es eigentlich ist. Dabei kommen wir aus dem Ruhrgebiet, einer einzigen großen schäbbigen Ecke, wo es auch nach dem millionsten Blick nicht schöner wird. Aber da ist man betriebsblind. Die Häuserzeilen sind hier wie da teils ungemütlich, manches Haus zwischendrin ist renoviert und in Lissabon sogar mit schönen Kacheln gekachelt. Und wenn man genauer hinsieht, sind öffentliche Plätze und Parks nicht nur vorhanden, sondern auch gut in Schuss.

    Überall in der Stadt blühen große Jacaranda-Bäume mit auffälligen lila-blauen Blüten. Sie stehen auf Plätzen, in Alleen und in den Parks. Fast so schön, wie die Kirschblüte in Japan, nur nicht so kitschig.

    Jacaranda-Bäume

    „It‘s slippery when wet – and even it‘s not wet“-Schilder sollten überall in der Stadt aufgestellt sein. Kopfsteinpflaster ist die eine Sache, aber welches aus poliertem Marmor eine ganz schlüpfrige. Und ganz besonders fies ist, wenn zwischendrin ein paar der würfeligen Steine fehlen, dann tritt man ahnungslos ins Leere.

    Rossio

    Rossio


    Die zahlreichen Warnungen vor Taschendieben in Reiseführern, diversen Reise-Videos und auch vor Ort, können wir so nicht bestätigen. Überall auf der Welt nutzt dieser asoziale Geschäftszweig die Naivität oder mangelnde Aufmerksamkeit staunender Besucher in dichtem Gedränge aus, da ist Lissabon sicher keine Ausnahme. Bettler, Penner, Obdachlose haben wir nur im Stadtzentrum in und um Rossio gesehen, dort wo die meisten Touristen sind, je touristiger, desto penetrant. Aber abseits dieser Brennpunkte ist das Leben erfreulich entspannt und locker, man kann sich auch ganz alleine unbelästigt sicher fühlen.

    Wir verbrachten unsere Zeit hauptsächlich mit Straßenbahn- und Aufzugfahren, historische Methoden, um die Höhenunterschiede bequem zu überwinden und gleichzeitig die Stadt zu erkunden. Für uns hat sich hierfür das 24-Stunden-Ticket für 6 Euro, das man in Metrostationen bekommt, als günstig erwiesen. Mit bereits zweieinhalb Busfahrten hat man es schon wieder raus, von den Straßenbahnen und Aufzügen ganz zu schweigen.

    Auf unserer Wunschliste stand außerdem noch die Markthalle Mercado da Ribeira, die älteste und auch größte noch erhaltene Markthalle in Lissabon, in der sich auch der Time Out Market befindet. Die ist uns aber aus uns unerklärlichen Gründen nicht vor die Füße gekommen. Müssen wir noch mal hin…

  • LISBON – ohne Mentalist

    der hat einen kleinen Moment gedauert ;)


    Ansonsten sind so kürzere Städtetouren auch etwas, worüber wir inzwischen öfter mal nachdenken. Drei Tage Touri-Rummel kann man schon mal verkraften...

    In diesem Sinne
    liebe Grüße von Stefan :)


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  • Toller Kurzreisebericht :thumbup: , dass Volker einen Tag außer Gefecht gesetzt wurde, ist bei einer kurzen Reise natürlich nicht optimal gelaufen.

    Portugal steht auch noch auf meiner Liste, allerdings als Rundreise.

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