Manchmal, ganz selten aber doch, wage ich das Experiment: "Authentic German Food"
Diesmal ging's in's "Jägerhaus" in Anaheim.
Das Lokal ist angeblich eine Art "Institution" in Anaheim. Und in einer Stadt, welche von deutschen Einwanderern gegründet wurde, sollten ja die Chance gar nicht so klein sein, auch wirklich "authentisches" deutsches Essen zu bekommen.
Von aussen gibt sich das Jägerhaus eher unauffällig. Das Lokal liegt in einem Strip-Mall und wenn man nicht direkt danach sucht, findet man's wohl auch nicht.
Wenn man's trotzdem gefunden hat und das Lokal betritt, wird man zuerst von einer Wand voller diverser Auszeichnungen, Anerkennungs-Zertifikaten, etc. begrüsst - und dann gleich von einem angemessen freundlichen Herrn mit spanischem Akzent und genug Öl im Haar, um damit Schnitzel herauszubacken.
Im Inneren findet man sich in dem Ambiente wieder, das man als nicht-Deutscher wahrscheinlich als authentisch empfinden könnte - sofern man noch nie in Deutschland war. Also zBsp. den typisch deutschen Wald-Waschbär in Plastik, liebevoll neben der typisch deutschen Kuckucksuhr (ebenfalls in Plastik) platziert...
Tische und Stühle sind ebenfalls typisch deutsch.
Eine gewisse Edel-Patina (in Form einer unübersehbaren Staubschicht) bedeckt die Dekoration und die Pflanzen (ebenfalls aus Plastik - also die Pflanzen, nicht der Staub...).
Der Gedanke drängte sich mir auf, dass das Department of Health schon lange niemanden dort vorbeigeschickt hat. Aber wenn ich hungrig und mutig (leichtsinnig) genug bin, schreckt mich sowas nicht ab.
Es heisst ja nicht umsonst "No Risk - No Fun!" Richtig? Und da ich gerade erst letzte Woche eine Lebensmittelvergiftung überstanden hatte, war ich ja sowieso schon "immun"
Die Speisekarte empfand ich als durchaus reichhaltig geschrieben und ich brauchte dann doch einige Zeit dafür, mir zu überlegen was ich nehmen würde.
(Diese Bilder hatte ich eigentlich gedreht, aber picr.de checkt das irgendwie nicht)
Aber ich wollte ja eigentlich die "Authentizität" testen, also entschied ich mich für etwas, das ich gut kenne und auch selbst fallweise zubereite:
Gulaschsuppe und Wienerschnitzel mit "deutschem" Kartoffelsalat und Rotkraut (man bekommt zwei Beilagen zu jeder Hauptspeise, also nahm ich Rotkraut, da mir "Baked Beans", grüne Bohnen, Spätzle, o.ä., als nicht ausreichend "authentisch" im Kontext mit Wienerschnitzel erschienen.
Zuerst gab's aber einmal typisch, authentisches, deutsches Brot:
Kaum eine Viertelstunde später kam dann auch schon die Gulaschsuppe:
Und ich war sehr angenehm überrascht!
Konsistenz, Geschmack, etc. passte total. Die Gulaschsuppe war definitiv hausgemacht und nicht aus der Dose. Einziger Minuspunkt: Ich fand mir nichts zu meckern daran...
Dann kam mein "Wienerschnitzel" mit "deutschem" Kartoffelsalat" und Rotkraut:
Ja, da waren wir wieder beim wirklich typischen "Authentic German Food" Restaurant angelangt.
So stellt man sich ein Wienerschnitzel vor, wenn man um drei Uhr früh beim Rasthof "Jura Ost" an der AB einkehrt und der Koch dort gerade einen ganz schlechten Tag hatte...
Das Schnitzel selbst war immerhin Kalbfleisch.
Der übliche Kapitalfehler, das Fleisch nicht ausreichend zu klopfen und somit das Schnitzel viel zu dick ausfallen zu lassen, war vermieden worden - allerdings im umgekehrten Extrem. Dieses bedauernswerte Stück einer einst lebensfrohen Baby-Kuh war so flachgeprügelt worden, dass man fast nichts mehr vom Fleisch schmecken konnte.
Und wie man an der Färbung der Panier sieht, wurde das Ding dann nicht in ausreichend Öl (es sollte ja eigentlich Butter sein) herausgebacken, was ebenfalls ein Kapitalfehler ist.
Aber ok, ansonsten war's eben auf Rasthof-Niveau...
Das Rotkraut (aka "Rotkohl") passte sich qualitativ hervorragend dem Schnitzel an. Zu wenig lang gekocht, dafür aber auch nicht süss genug. Aber ok, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Irgendwo gibt's sicher wen, der das so mag... (ich bin's nicht)
Der ultimative Bauchstich war aber der authentische "German Potato Salad"...
Der ging nicht einfach nur gar nicht - Der ging direkt in den Abfall...
Ich weiss gar nicht, wo ich mit miner Urteilsverkündung bezüglich dieser kulinarischen Katastrophe beginnen soll...
Ok vielleicht damit, dass das gar kein Kartoffelsalat war - sondern Kartoffelbrei
Oder besser damit, dass dem Koch bei der Zubereitung dieser undefinierbaren "Masse", ohne jeden Zweifel eine Flasche Essig in den Topf gefallen sein musste.
Oder zusammenfassend: Was immer das war, oder hätte werden sollen, war absolut ungeniessbar.
Fazit: Das "Jägerhaus" in Anaheim reiht sich qualitativ nahtlos in die lange Linie der bislang von mir ausprobierten "Authentic German Food" Restaurants ein - und dem Rasthof Jura Ost.
(Ok, Letzteres ist ein Insider-Witz. Wahrscheinlich kochen die normal dort eh richtig gut...)