Drei dürfen gleich ran: Das sind die Rookie-Quarterbacks der NFL
Gleich fünf Quarterbacks wurden im vergangenen Draft innerhalb der ersten 15 Picks gezogen - das gab es in der NFL-Historie noch nie. Drei von ihnen werden zum Auftakt schon spielen. Das sind die neuen Gesichter ...
ZitatAlles anzeigenTrevor Lawrence: Ein Ausnahmetalent muss Verlieren lernen
"Das größte Talent seiner Generation", "der ultimative Prototyp eines Franchise-Quarterbacks", "der beste College-Quarterback aller Zeiten" - die Vorschusslorbeeren, mit denen Trevor Lawrence in die NFL kommt, sind riesig. Medien und Experten haben sich in den letzten Jahren nahezu überschlagen ob der Fähigkeiten des 21-Jährigen. Der First Overall Pick der Jacksonville Jaguars gilt mit seiner Größe von knapp zwei Metern, seinem starken Wurfarm, seinen akkuraten Pässen und seiner beeindruckenden Athletik als eines der größten Talente, das die NFL je betreten hat.
Im Alter von sieben Jahren konnte der neue Jaguars-Spielmacher den Ball bereits 35 Yards werfen, von 90 Spielen in High School und College hat er gerade einmal vier verloren. Lawrence ist ein Gewinner-Typ, der jetzt ein Team zum Erfolg führen soll, das zuletzt wenig gewonnen hat. Seine Auftritte in der Preseason verliefen solide und unspektakulär - eine Zustandsbeschreibung, die die Jags wohl zunächst gerne mitnehmen würde. Ein gewisser Druck lastet ob des großen Versprechens seines Talents in jedem Fall auf den breiten Schultern von Lawrence, der aller Voraussicht nach zunächst noch eine ziemlich unbekannte Erfahrung bewältigen muss: Er wird Spiele verlieren.
Zach Wilson: Ein wandelndes Highlight-Tape mit Restrisiko
In einer ähnlichen Situation befindet sich auch Zach Wilson, der im Draft nur einen Pick nach Lawrence von den New York Jets gezogen worden ist. Der 22-Jährige aus Utah wird direkt beim ersten Spiel gegen die Carolina Panthers Starting Quarterback der Jets sein und dabei auf seinen glücklosen Vorgänger Sam Darnold (inzwischen Carolina Panthers) treffen. Damit es Wilson nicht ergeht wie Darnold, muss das Team ihm bessere Umstände liefern - aber Wilson muss auch den Draft-Hype rechtfertigen, was Darnold in N. Y. nie gelungen ist.
In den Fokus hatte sich der Second Overall Pick erst in seinem letzten College-Jahr an der BYU gespielt, beendete die Saison mit beeindruckenden 33 Touchdowns und nur drei Interceptions in zwölf Spielen. Ins Auge springt vor allen Dingen seine Qualität, sich durch seine Mobilität Zeit zu erkaufen und Spielzüge außerhalb der Struktur zu verlängern. Sein College-Tape strotzt nur so vor spektakulären Plays - aber anders als Lawrence oder Justin Fields fiel Wilson zuvor nicht nennenswert auf, was für die Jets ein Restrisiko in Sachen Konstanz mit sich bringt. Allerdings: In der Preseason wusste Wilson zu überzeugen, zeigte vielen Analysten zufolge die besten Leistungen aller fünf Rookie-Quarterbacks. Den Jets dürfte das Hoffnung auf ein Ende ihrer schier endlosen Suche nach dem Franchise-Quarterback machen.
Trey Lance: Das fehlerfreie Mysterium, das warten darf
Bis zum letzten Moment blieb es das große Mysterium des Drafts: Wen wählen die San Francisco 49ers mit ihrem teuer ertauschten dritten Pick aus? Es wurde Trey Lance - ein Quarterback, der in der vergangenen College-Saison aufgrund der Corona-Pandemie nur ein einziges Spiel absolviert hatte. Überhaupt hatte der 1,93 Meter große Lance nur eine vollständige Saison gespielt - und das an der North Dakota State University, wo er nicht gerade mit den besten Defenses des Landes konfrontiert war. Ein großes Risiko für die Niners? Nicht für Head Coach Kyle Shanahan. Er habe sich "in sein Game Tape verliebt", sagte das Offense-Mastermind nach dem Draft in einem Interview, sei "besessen" von Lances Fähigkeiten gewesen.
Besonders beeindruckend: In der College-Saison 2019 warf Lance in 16 Spielen keine einzige Interception, zeigte zudem mit ganzen 14 Rushing Touchdowns und über 1000 Rushing Yards sein enormes athletisches Potenzial. Lance dürfte aber auch umgekehrt von Shanahan profitieren: Der Niners-Coach weiß seine Spielmacher in der Regel perfekt zu inszenieren, Lance hat damit wohl die besten Umstände aller Rookie Quarterbacks. Und: Er wird zunächst noch die Ersatz-Rolle hinter Jimmy Garoppolo einnehmen und langsam an die NFL herangeführt werden. Ein Modell, das in der Vergangenheit schon oft zum Erfolg geführt hat.
Justin Fields: Der "Unerbittliche" ist das Rampenlicht gewöhnt
Ebenfalls zu Beginn auf der Bank wird sich Justin Fields wiederfinden. Allerdings gilt es als gesichert, dass der 22-Jährige bei den Chicago Bears noch im Laufe der Saison für Übergangs-Quarterback Andy Dalton übernimmt - abhängig von dessen Leistungen vielleicht sogar früher als später. Anders als etwa Lance oder Wilson ist Fields es gewohnt, im nationalen Rampenlicht zu stehen. Mit den Ohio State Buckeyes stand er in den vergangenen beiden Jahren jeweils in den College-Play-offs, schon in der High School zog sein Talent viel Aufmerksamkeit auf ihn - auch wenn er zu diesem Zeitpunkt stets die Nummer zwei seines Jahrgangs hinter Wunderkind Lawrence war.
Dass er im Draft bis an Position elf fiel, war für viele Beobachter aufgrund von Fields' offenkundigen Qualitäten - Mobilität, starker Arm, Würfe über die Mitte des Feldes - durchaus überraschend. Ein möglicher Grund: Einigen Medienberichten zufolge wurde Fields mangelnde Arbeitseinstellung vorgeworfen. Ein Vorwurf, den die Bears nach ihren Eindrücken in der Vorbereitung entschieden zurückwiesen. Fields' Willen sei "unerbittlich", lobte Head Coach Matt Nagy bereits. "Er hat diesen Wettbewerbsdrang in sich. Daran arbeitet er die ganze Zeit."
Mac Jones: Der Brady-Verschnitt mit großem Manko
Die Fußstapfen könnten größer kaum sein. Quasi mit einem Jahr Verzögerung soll Mac Jones in New England die Nachfolge von Tom Brady antreten. Durchaus überraschend hat sich der 23-Jährige in der Vorbereitung gegen den ehemaligen NFL-MVP Cam Newton durchgesetzt, der sogar entlassen wurde - Jones, der 15. Pick des vergangenen Drafts, wird also schon von Week 1 an Starter der Patriots sein. Verdient hat er sich diesen Platz durch ansprechende Leistungen in der Preseason. Und irgendwie war es auch logisch, dass Coaching-Legende Bill Belichick (sechsmaliger Super-Bowl-Champion) einen wie Jones als Spielmacher haben möchte - denn die Parallelen zu NFL-Legende Brady sind durchaus vorhanden.
Jones verfügt über eine hohe Spielintelligenz und wirft sehr genau, zudem weiß er, wie man große Spiele gewinnt. Im vergangenen Januar führte er die Alabama Crimson Tide zur College-Meisterschaft, im Finale gegen Ohio State und Justin Fields warf er für 464 Yards und fünf Touchdowns. Was ihn aber ebenfalls mit Brady verbindet: Jones ist im Vergleich zu den anderen Rookie-Quarterbacks nicht besonders beweglich, es fehlt ihm an Mobilität. In der modernen NFL ist das nicht gerade ideal - aber auch kein Hinderungsgrund, um Großes zu erreichen. Das hat Brady mehr als einmal bewiesen - Stichwort sieben Super-Bowl-Ringe ...