Kritik an US-Polizei: Beamte nehmen halb nackte Männer wegen "Wahlbetrug" mit gezogenen Waffen fest
ZitatAlles anzeigenEs sind verstörende Bilder, die die Bodycams von Polizisten aus Florida aufgezeichnet haben. In mehreren Fällen sind dort schwarze Männer zu sehen, die halb nackt und mit vorgehaltener Waffe verhaftet werden. Der angebliche Verstoß: Wahlbetrug.
Nach neu aufgetauchten Videos von Bodycams steht die Polizei in Florida massiv in der Kritik. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie mehrere bewaffnete Beamte ein Haus umstellen, schlafende Männer wecken und sie noch in Unterhose aus dem Haus lotsen. Auch die Bitte, sich noch eine Hose anziehen zu dürfen, wird ihnen nicht gewährt.
Bei den drastisch anmutenden Szenen geht es nicht etwa um Mord, Totschlag oder ähnliche Gewaltverbrechen – der Vorwurf lautet: Wahlbetrug. Hintergrund ist eine Kampagne des Gouverneurs von Florida, Ron DeSantis, der Wahlbetrug den Kampf angesagt hatte und mit aller Härte dagegen vorgehen möchte.
Im Falle der beiden verhafteten Männer war der Verdacht kompliziert: Beide wurden vor mehr als 30 Jahren wegen Mordes verurteilt. Die Strafe hatten sie inzwischen abgesessen, allerdings waren sie durch die Verurteilung nicht mehr berechtigt, wählen zu gehen. Auch in Deutschland ist so ein Entzug des Wahlrechts grundsätzlich möglich, kommt allerdings sehr selten und nur bei wahlnahen Delikten wie Hoch- oder Landesverrat oder Formen von Wahlbeeinflussung vor.
Der Vorwurf: Trotz des Entzugs des Wahlrechts hätten sie sich zur Wahl angemeldet und dadurch illegal die Wahl beeinflusst. Beide Männer bestreiten das allerdings: Sie hätten die Karten zur Wahlanmeldung per Post bekommen und hätten auch keine Vorwarnung erhalten, dass sie nicht wählen gehen dürften.
Zudem erscheinen die Mittel der Verhaftung deutlich zu heftig. So sagt Daniel Tilley, juristischer Leiter der American Civil Liberties Union in Florida: "Die Polizisten haben nicht eine Waffe zum Messerkampf mitgebracht, sie haben eine Waffe zum Wahlkarten-Kampf mitgebracht. Das ist ein unglaublich grotesker Machtmissbrauch." Seiner Auffassung nach seien solche Szene nicht nur dazu da, echte Betrüger zu stoppen: "Sondern auch, um Wähler einzuschüchtern, die vielleicht wahlberechtigt sind."
Wahlbetrug ist in den USA wie in den meisten westlichen Ländern extrem selten. Auch in den Fällen der beiden Männer konnte ein Gericht keinen Wahlbetrug feststellen.